Warum immer in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt. Dies dachte sich unser Urlaubsexperte Kai und beschloss von München aus an den Isarursprung im Karwendel zu wandern. Immer entlang der Isar sind das ca. 145 km. In seinem Reisebericht teilt er seine Erlebnisse in Tagebuchform.
Tag 1: An einem sonnigen Samstag Anfang August ging es in München am Deutschen Museum los. Auf den ersten Kilometern konnte man die Ergebnisse der jahrelangen Renaturierung der Isar bestaunen. Der Fluss wurde aus seinem Betonkorsett befreit und kann sich bei Hochwasser nun wieder ausbreiten und seinen eigenen Lauf schaffen. Am besten ist dies im Bereich des Flauchers zu beobachten. Aber bis die Isar ihrem alten keltischen Namen Isara, d.h. die Reissende, Schnellströmende, wieder alle Ehre machen konnte, musste ich noch etliche Kilometer stromaufwärts wandern.
Viele Jogger, Radler und Skater waren schon unterwegs. Die ersten Sonnenanbeter bevölkerten die Wiesen und auch Grille wurden schon in Position gebracht, um zur Mittagszeit angeworfen zu werden. Nach dem Flaucher kündigte ein etwas ländlicher Geruch den Tierpark Hellabrunn an (immer einen Besuch wert!) und kurz darauf wechselte ich an der Grosshesseloher Brücke auf die rechte Seite (alle Richtungsangaben beziehen sich auf die Laufrichtung isaraufwärts). Wenig später grüßte am rechten Hochufer die Kirchturmspitze und einige Villen von Pullach, auch bekannt als Sitz des BND. Unbespitzelt ging es weiter und wenig später sah man am linken Hochufer die Burg Grünwald im gleichnamigen Orte durch die Baumwipfel scheinen. Die Burg beheimatet ein kleines Museum und am Ortsrand stehen die Bavaria Filmstudios, wo man auf cineastischen Spuren wandeln kann. In der Nähe der Burg steht die Flösser-Statue, die diesem jahrhundertelangen, harten Beruf ein Denkmal setzt.
Wer jetzt schon eine Pause braucht, kann in den Biergarten direkt an der Brücke einkehren, alle anderen wandern weiter bis Kloster Schäftlarn. Nach einem Besuch der Kirche und des angeschlossenen Praelatengartens war erst einmal eine Stärkung im Klosterbiergarten fällig.
Dann ging’s weiter nach Wolfratshausen – leider nun mit Regen. Aber zumindest wurden dadurch die Menschenmassen weniger, die einem noch bis Schäftlarn begleitet hatten. Ein paar Kilometer vor Wolfratshausen fließt die Loisach (von keltisch Loisacha = die Liebliche) in die Isar – ein Anblick, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Endlich am heutigen Etappenziel angekommen, baute ich mehr oder minder im Regen mein Zelt auf dem Zeltplatz auf und freute mich auf‘s Abendbrot.
Tag 2: Wolfratshausen wird auch die Flösserstadt genannt. Wenn Sie die Möglichkeit haben zuzuschauen, wie aus großen Baumstämmen ein Floss zusammengebaut wird, dann lassen Sie sich dies nicht entgehen. Von hier aus starten die Gaudi-Flosstouren mit einer zünftigen Musi‘ und genügend Bier an Bord Richtung München. Zur Verrichtung der Notdurft nach reichlichem Gerstensaftgenuß ist ein kleines Toilettenzelt an Bord. In der Stadt kann man sich das Heimatmuseum anschauen oder, wer Kinder dabei hat, das Märchenland besuchen
Ich tat weder das Eine noch das Andere, sondern wanderte über Geretsried nach Bad Tölz. In Geretsried lädt der „Weg der Geschichte“ zur Erkundung des Ortes ein und das Heimatmuseum hat eine kleine, aber sehenswerte Ausstellung über die Vertriebenen aus dem Egerland/Sudetenland zu bieten. Viele von ihnen fanden hier nach dem 2. Weltkrieg eine neue Heimat.
Kurz nach Geretsried, nachdem man eine kleine Anhöhe erklommen hatte, erreicht man den Malerwinkel, wo die Rottach in die Isar mündet. Ein beschaulicheres Plätzchen für eine Rast kann man sich nicht wünschen. Der Blick geht, eingerahmt von Bäumen, weit ins bayrische Land hinein und tief unter einem strömen, die vom Hochwasser, braunen Wasser der beiden Flüsse. Wenige Gehminuten nach dem Malerwinkel sieht man zum ersten Mal die Berge – ein erhebender Anblick, wie sie sich plötzlich am Horizont ins Bild stellen – mein heutiges Etappenziel.
Kurz nach Rothermühle stach mir ein Gasthausschild ins Auge und so ließ ich die Isar links liegen und wandte mich Fischbach zu, wo mir eine Stunde später ein verspätetes Mittagsmahl mundete. Die dunklen Wolken am Horizont verhießen nichts Gutes und so wurden die letzten 6 Km zum Stallauer Weiher im Laufschritt zurückgelegt. Kaum war das Zelt aufgebaut, ging ein Wolkenbruch nieder, der sich gewaschen hatte.
Tag 3: Am nächsten Morgen war die Welt wieder in Ordnung. Da der Radweg entlang der Fernverkehrsstraße aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens nicht so reizvoll war, genehmigte ich mir für die 5 Km nach Bad Tölz ein Taxi. Tölz ist für seine Lüftelmalerei bekannt und am Marktplatz, bei einem Frühstückstee/-kaffee kann man den Blick über die bemalten Hausfassaden schweifen lassen. Wer Zeit hat, sollte den Kalvarienberg besteigen, von wo man einen schönen Blick auf die Isar, die nahen Berge und die davor liegenden Isarauen hat. Für Wasserratten bietet sich ein Besuch des Erlebnisbads Alpamare mit seinen Rutschen und dem Wellenbad an.
Nun folgte der bisher schönste Streckenabschnitt. Durch die Isarauen führte der weitere Weg bis Arzbach. Eben wie eine Billardplatte, bestanden mit Birken, Weidebüschen, Wacholdersträuchern und kleinen Kiefern, die allesamt nur 3-4m hoch waren. Links der Isar sah man Geierstein, Schönberg und Seekarkreuz und rechts das Brauneck. Daneben erhob sich mit der Benediktenwand (1.801m) der erste richtige Berg.
Von Arzbach ging es weiter nach Lenggries. So schön entspannend der Weg durch die Isarauen war, so beschwerlich sollten die nächsten 13 Km werden. Der Radweg führte immer entlang der Straße bis zum Sylvensteinstausee. Es herrschte ziemlich viel Verkehr, aber nachdem der Anstieg zur Staumauer geschafft war, entschädigte der Blick über den See für einiges. Fjordartig fügten sich die drei Arme in die Bergwelt ein. Der Nadelwald auf den steilen Berghängen reichte bis hinab ans Ufer. Ende der 50er Jahre wurde hier die Isar gestaut, um den Hochwasserschutz für die flussabwärts liegenden Gemeinden zu sichern. Die Isar macht hier einen Knick gen Westen, um sich an der Nordseite ihren Weg nach Wallgau zu suchen.
Von der Staumauer aus waren es noch 2 Km bis Fall, wo ich Platz auf dem Nachtstellplatz für Wohnmobile fand und, pflastermüde, ein gehaltvolles Abendmahl. Heute hatte ich übrigens die Hälfte der Strecke geschafft und stieß darauf mit einem anderen Wanderer an. In der Nacht ging ein Gewitter vom Feinsten nieder, so dass ich manchmal dachte, mir spült es meine Behausung weg.
Tag 4: Am Morgen goss es weiter wie aus Kübeln und so lief ich 2 Stunden an der Straße entlang bis Vorderriß, anstatt den Pfad am Fluss zu nutzen. Aber angesichts der Regenfälle der letzten Tage und des hohen Wasserstandes, erschien mir dies ratsamer. Irgendwann überholte mich der Bergsteigerbus, der von Lenggries in die Eng fuhr, aber bis auf den Busfahrer schien bei diesem Wetter niemand Lust zu verspüren, die Berge des Karwendels unsicher zu machen. Der Bus verkehrt von Mitte Juni bis Mitte Oktober und ist eine umweltschonende Variante der Anreise. Die Fahrtzeiten sind auf die BOB (=Bayrische Oberlandbahn) von/nach München abgestimmt.
In Vorderriß (hier gibt es zur Not ein Matrazenlager) gab es erst einmal eine heiße Tasse Tee und endlich hörte auch der Regen auf. In den Bergen hingen noch einzelne Nebelfetzen, aber der blaue Himmel blitzte schon hie und da durch. Nach einem kurzen Stück auf der Mautstraße nach Wallgau wechselte ich auf die linke Isarseite und für die nächsten 3 Stunden ging es im leichten Auf und Ab entlang der Berghänge. Dieser Wegabschnitt übertraf sogar noch das gestrige Stück zwischen Tölz und Arzbach, denn dort wanderte man noch auf die Berge zu. Auch merkte man von der Zivilisation überhaupt nichts mehr. Irgendwann kam Wallgau in Sicht und dahinter Krün, wo der Fluss sich wieder Richtung Süden wendet. Mittlerweile wieder am Ufer unterwegs, gab es einiges interessantes am dort angelegten Lehrpfad zu lesen.
Jetzt hatte es auch wieder mit regnen angefangen, aber bis zum Zeltplatz Isarhorn war es nicht mehr weit. Dieser hat seinen Namen von einer markanten Schleife, die der Fluss hier macht. Wer noch nicht genug hatte, konnte sich am Kletterturm bzw. im Hochseitgarten austoben. Mit Regen begann der Tag, mit Regen endet er – man gewöhnte sich daran.
Und wie geht es weiter? Was unser Urlaubsexperte Kai noch auf seiner Wanderung erlebt hat, lesen Sie hier:
Tag 5: Da die heutige Strecke bis Scharnitz nur 12 Km betrug, beschloss ich noch einen Gipfel zu besteigen. Das schwere Gepäck ließ ich auf dem Zeltplatz und los ging’s. Über Lausberg (1.854m) und Signalkopf (1.895m) ging es auf den Seinskopf (1.961m). Man hatte eine herrliche Aussicht auf Mittenwald (hier fiel besonders der Kasernenkomplex der Gebirgsjäger ins Auge), Krün und Wallgau bis zum Walchensee und natürlich auf die umliegenden Wetterstein- und Karwendelgipfel. Bergab ging es denselben Weg. Der Abstecher schlug mit ca. 1.100 Höhenmeter zu Buche.
Auf dem Campingplatz schnappte ich mir Zelt und Rucksack und weiter ging es. Mittenwald wurde rechts liegengelassen, aber kulturell Interessierten sei das Geigenbauermuseum ans Herz gelegt und das schöne Ortzentrum. Der Weg führte entlang der Fernverkehrsstraße, welche rechts gut frequentiert war, aber irgendwann hatte auch dies ein Ende und mich grüßte der Tiroler Adler – Willkommen in Scharnitz und somit Österreich. Rechts oberhalb im Wald befinden sich noch Überreste der Porta Claudia, einer Befestigungsanlage aus dem 30jährigen Krieg.
Harmonisch eingebettet, schloss sie früher wie ein Riegel das gesamte Tal ab. Erst 1805 fiel die Feste durch bayrischen Verrat den Franzosen in die Hände, worauf sie bald danach geschleift wurde. Von hier aus hat man schöne Ausblicke auf Mittenwald bzw. Scharnitz. In der Touristeninformation im Ort befindet sich auch ein kleines Karwendel-Informationszentrum, in dem man sich in kurzer Zeit einen guten Überblick über die Umgebung verschaffen kann.
Heute war der erste regenfreie Tag. Nachdem ich für die nächsten 2 Nächte im Karwendel-Camp eingecheckt hatte, schmeckte die Pizza beim Italiener ggüber der Kirche gleich noch einmal so gut. Bei einem einheimischen Bier merkte ich auf einmal, wie gut es mir eigentlich schon die ganze Zeit geht. Keinerlei elektronische Spielerei stört, man braucht keine Uhr, sondern läuft einfach vor sich hin. Dies hat etwas ungemein Entspannendes und mit der Zeit sogar Meditatives an sich. Die wichtigste Frage ist: Wie wird das Wetter morgen? Wenn da nur nicht der Rucksack wäre, der irgendwann doch ziemlich schwer wird und drückt…
Tag 6: Heute ging es durch das Hinterautal zum Isarursprung. Bis zur Quelle waren es ca. 14 Km auf einer Forststraße, die auch zurückgelaufen sein wollten und für den Nachmittag war wieder Regen angesagt. Am Gasthof Wiesenhof zweigten die Wanderer ab, die die Pleisenspitze (2.569m) besteigen wollten und man selbst hatte auch einen gemächlichen Anstieg vor sich. Danach verlief der Weg fast immer auf derselben Höhe, um nach ca. 1 Stunde wieder auf Isarniveau abzufallen. Überall plätscherten munter kleine Wasserläufe und Bäche von den Hängen der Isar zu und kurz nach dem Jagdhaus Hubertus (privat, nicht bewirtschaftet) haben kreative Hände eine ganze Armee von Steinmandln errichtet. Schätzungsweise weit über einhundert.
Und dann war sie da. „Bei den Flüssen“ lautet die Flurbezeichnung. Eigentlich gibt es nicht DIE Isarquelle, sondern das Wasser tritt an verschiedenen Stellen aus dem Berghang um sich nach kurzer Zeit zu vereinen. Nun hat sie einen Weg von 283 Km vor sich, bis sie bei Plattling in die Donau mündet. Der Quellbereich ist eingezäunt und an versteckten Stellen sind Bänke für eine verdiente Rast aufgestellt. Überall gibt es kleine Pfade und wer sich bückt, kann Blaubeeren pflücken. Eine dreiviertel Stunde saß ich dort und habe nur dem Plätschern zugehört. Kein anderer Wanderer kam vorbei. 145 abwechlungsreiche Kilometer lagen hinter mir. Manchmal wuselige Orte und nerviger Asphalt, dann wieder Natur pur.
Neben den verschiedenen Landschaften, die ich durchwanderte, waren die Leute sehr interessant, die man unterwegs so trifft. Sie sind größtenteils offen, kontaktfreudig und an einem interessiert. Gleich zu Beginn wurde ich gefragt, ob ich nach Santiago de Compostela pilgere, da hier ein Stück des Münchner Jakobsweg verläuft. Dann trifft man wieder Wanderer, die vom Marienplatz zum Markusplatz (München-Venedig) unterwegs sind. Dazu kommen noch die Tagesausflügler und Urlauber, die nur etappenweise unterwegs sind. Jeder hat etwas zu erzählen, man geht ein Stück gemeinsam oder sitzt beim Abendbrot zusammen. Und wenn einem danach ist, kann man auch ganz schnell wieder mit sich und der Welt alleine sein.
Tag 7 und 8: Der Rest ist schnell erzählt: Da ich noch zwei Tage Zeit hatte, nahm ich den Zug von Scharnitz nach Mittenwald und wanderte von dort über die Buckelwiesen via Krün und Wallgau an den Walchensee. Die Buckelwiesen sind eine interessante geologische Formation, nur Schatten ist Mangelware, denn hier knallte die Sonne gut runter. Am Walchensee kam ich mit Mühe und Not noch auf dem gleichnamigen Campingplatz unter. Wassersport wird hier groß geschrieben und alle Fans von Bulli Herbig können am Ufer das Wikingerdorf aus „Wicki und die starken Männer“ besichtigen.
Am nächsten Tag startete ich entgegen dem Uhrzeigersinn um den Walchensee. Die ersten 2 Stunden ging es ziemlich öde auf einer Mautstraße entlang, aber dafür verschob sich der Blick auf das Bergpanorama ständig. Am gegenüberliegenden Ufer steht noch das Wikingerboot aus dem erwähnten Film. Hier wird der Weg auch fußfreundlicher. Bis nach Urfeld waren es noch weitere 2 Stunden, wo für mich der Urlaub zu Ende ging und der Bus nach Kochel auf mich wartete. Alles in allem hatte ich eine schöne Zeit.
Tägliche Strecke: zwischen 28-32km
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